Sayn-Wittgenstein

08.03.-13.05.07

Wir zeigten in dieser ersten großen Museumsausstellung der Fürstin in Wien ca. 130 ausgewählte Fotografien, welche mehr als 60 Jahre Zeitgeschichte dokumentieren.

 

Fürstin Marianne zu Sayn-Wittgenstein-Sayn wird 1919 in Salzburg als Tochter von Friedrich Baron Mayr-Melnhof und seiner Frau Maria Anna Gräfin von Meran geboren und wächst in Schloss Glanegg bei Salzburg als Älteste von neun Geschwistern auf.

Nach dem Abitur 1938 studiert sie in München an der renommierten Blocherer Kunstschule Kunst. Bereits 1935 hat Baronesse Marianne von ihren Eltern ihren ersten Fotoapparat erhalten und wird von da an von einer Faszination für die Fotografie ergriffen, die sie ihr Leben lang begleiten wird.

In München lernt sie Ludwig Prinz zu Sayn-Wittgenstein kennen, der auf Heimaturlaub von der Front bei seiner Tante Elisabeth von Zwehl zu Besuch weilt. Schon nach wenigen Tagen verloben sich die beiden.

In der Folgezeit richtet Prinz Ludwig für sich und seine Braut 5 Zimmer im eher verwahrlosten Schloss Sayn ein, in dem die Familie seit einem Vierteljahrhundert nicht gelebt hat. Anfang 1942 findet die Hochzeit in Glanegg statt, und nur eine Woche später muss Prinz Ludwig zurück an die Front. Im Dezember 1942 wird das erste Kind, Prinzessin Yvonne geboren, ein knappes Jahr später schenkt Prinzessin Marianne einem weiteren Kind das Leben, dem heutigen Fürst Alexander. Während ihr Mann an der Ostfront kämpft, lebt die junge Prinzessin mit ihren Kindern in Sayn oder bei ihren Eltern in Österreich.

Glücklicherweise hält sie sich auch kurz vor Kriegsende mit ihren Kindern bei den Eltern auf, als deutsche Truppen auf der Flucht vor den Amerikanern, die schon den Rhein überquert hatten, die Brücke vor dem Schloss mit einer Bombe sprengen. Danach bietet das Schloss außen und innen ein Bild der Zerstörung: das Dach ist eingestürzt und alle Fenster sind zerstört. Fürst Ludwig ist zu diesem Zeitpunkt noch im Krieg und kommt erst im Oktober 1946 aus englischer Gefangenschaft zurück. Nach Ende des Krieges bietet der Pastor von Sayn der Familie Unterkunft. Später wird in verschiedenen kleinen Wohnungen in Sayn zur Miete gewohnt, und man denkt an eine Auswanderung nach Brasilien, beschließt dann aber einen Neustart in Sayn zu wagen. Prinz Ludwig und Prinzessin Marianne kümmern sich um die Landwirtschaft und den Wiederaufbau der Schlossgärtnerei und sichern damit den Unterhalt für die Familie. Der ganze Stolz ist ein kleiner Tempo-Lieferwagen mit der Aufschrift „Schlossgärtnerei Sayn", der zum Ausliefern der Bestellungen genauso wie zu Fahrten zu eleganten Abendessen bei Botschaftern in Bonn dient.

Im Sommer 1952 kann die Familie mit ihren inzwischen vier Kindern - die Töchter Elisabeth und Teresa werden 1948 bzw. 1952 geboren - und zusammen mit den aus der Schweiz wieder nach Sayn gezogenen Eltern Prinz Ludwigs ein eigenes Haus, das „Landhaus am Friedrichsberg", beziehen. Zwei Jahre später wird Prinz Peter geboren.

In das gastfreundliche Haus kommen viele Freunde zu Besuch. Prinz Ludwig, der sehr an Sport interessiert ist und auch selbst viel Sport betreibt, begeistert seine Familie für den Motorsport, und viele Besuche auf dem Nürburgring, der Mille Miglia und anderen Rennstrecken im In- und Ausland folgen. Zum Rennsport kommt als eine weitere große Leidenschaft das Skilaufen. St. Anton und St. Moritz werden die bevorzugten Ziele für dieses winterliche Sportvergnügen und mehr als fünf Jahrzehnte lang sind die Fürstin und ihre Familie dort willkommene Gäste. Prinzessin Marianne hält indes alles mit ihrer Kamera fest.

Als 1958 Fürst Stanislaus zu Sayn-Wittgenstein-Sayn stirbt, übernimmt sein Neffe und Erbe, Prinz Ludwig den Besitz in Sayn und wird Chef der Familie. Nur vier Jahre später kommt Fürst Ludwig bei einem schrecklichen Autounfall in Sayn ums Leben. Er hinterlässt seine 42jährige Frau, Fürstin Marianne und fünf Kinder im Alter von 7 bis 19 Jahren.

Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt Fürstin Marianne gemeinsam mit einem Vormund die Verwaltung in Sayn bis ihr Sohn Alexander volljährig ist. Zunehmend verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Österreich, wo sie und ihr Mann in Fuschl am See von ihrem Vater einen kleinen Besitz erhalten und ein Haus gebaut hatten.

Die berühmte Schauspielerin Lilli Palmer, eine ihrer besten Freundinnen, rät der Fürstin ihre sehr begehrten Fotografien nicht nur zu verschenken, sondern die Fotografie zu ihrem Beruf zu machen. Auch Karl Lagerfeld, der große Modeschöpfer und Fotograf, ermuntert sie, ihre Arbeiten professionell zu veröffentlichen und so arbeitet Fürstin Marianne ab 1970 für verschiedene Zeitschriften als Fotografin.

Sie fotografiert schöne Häuser und ihre Einrichtungen in aller Welt, begleitet ihren Freund Hans Dietrich Genscher auf Staatsbesuchen, portraitiert Lilli Palmer in der Südsee und Sean Connery in Yucatan und wird als fast 80-jährige für das BMW-Magazin zum 24-Stundenrennen von Le Mans geschickt.

Große Anerkennung finden bei ihren Freunden in aller Welt, aber auch bei Ihren Kindern, Enkeln und zahlreichen Urenkeln die von ihr selbst entwickelten und bearbeiteten Kinderportraits.

Ab 1991 werden ihre privaten Fotografien in verschiedenen Einzelausstellungen in Österreich und Deutschland gezeigt und 1999 erscheint ein erster, ihrem Schaffen gewidmeter Fotoband. 2003 richtet die Galerie Artmosphere in Salzburg mit Fotografien der „Sayn-Wittgenstein-Collection", wie die Sammlung der über hunderttausend Fotografien von Fürstin Marianne genannt wird, eine Dauerausstellung ein.

Im Juni 2006 erscheint im teNeues Verlag der große Bildband zur Sammlung "The Sayn-Wittgenstein-Collection" mit 250 Seiten und 300 Fotos und wird im Juli 2006 in der Galerie Artmosphere in Salzburg in Anwesenheit der Fürstin vorgestellt.

Das Land Salzburg hat Fürstin Marianne für ihre besonderen Verdienste um die Festspiel-stadt mit dem Goldenen Verdienstzeichen ausgezeichnet.

Auch heute noch veranstaltet Fürstin Marianne, von ihren Freunden „Manni" genannt, während fünf Wochen im Sommer sonntagmittags große Mittagessen für 80 Gäste, welche zu den großen gesellschaftlichen Ereignissen des Salzburger Festspielsommers gehören. Und noch immer reist sie viel nach Amerika oder besucht Freunde in aller Welt. Ihre Kamera ist stets dabei.